Donnerstag, 25. Oktober 2012

Ruf mich (bloß nicht) an!

Aha, da hat also dieser CSU-Sprecher bei diesem ZDF angerufen und, nennen wir es mal so, von Folgen gesprochen, wenn dieses ZDF über diesen SPD-Spitzenkandidaten berichtet ... zu lesen alles im Netz, auf unzähligen Seiten, hier nur ein Beispiel. Es hat auch mal dieses Schaf im Wulffspelz gegeben, wie sich die Medien dereinst mal einigten ... dieses Schaf sprach wohl sogar auf Mailboxen. 

Traurig, aber wahr: Irgendwie und irgendwann passiert uns Journalisten das früher oder später allen mal. Mal steckt mehr hinter solchen Anrufen, mal weniger - haben andere auch schon festgestellt. Da muss unsereins nicht einmal bei großen öffentlich-rechtlichen Sendern oder bei den sogenannten Leitmedien arbeiten, da tut es auch der Job beim vermeintlich kleinen Lokalblatt. Journalisten können sehr gut austeilen und sind manchmal - das muss jetzt auch mal zugegeben werden - sogar gerne der Austeiler, weil ein Dorfbürgermeister vielleicht nur drei Zuhörer im Gemeinderat, der Journalist aber doch noch ein paar mehr Leser hat. Dann lässt sich unsereins die eine oder andere dumme Anmache - in meinem Falle durchaus auch als Anmache im eigentlichen Sinne zu verstehen - gefallen und holt eines Tages, wenn das Maß wirklich übervoll wird, zum medialen Kolumnen-Gegenschlag aus, damit endlich Ruhe ist. So verfuhr ich mit einem Politiker, der gut und gerne mein Vater, wenn nicht Großvater sein könnte und dennoch gerne bei jeder Gelegenheit blöde Anspielungen von sich gab. Dann sind Anrufe natürlich vorprogrammiert, wenn frau den Mann an den Pranger stellt. 

Es passiert aber auch bei "harmloseren" Gelegenheiten. Als meine Lokalredaktion den großen Gemeinderatsvergleich anstrengte, in dem die Sitzungspolitik der dörflichen Gremien beleuchtet und offengelegt wurde, wo überhaupt noch diskutiert oder nur das Patschehändchen zur Abstimmung gehoben wird, war ein Bürgermeister deutlichst angefressen - getroffene Hunde bellen bekanntlich, möchte man da rufen. Tatsächlich wird in seinem Rat nicht, zumindest nicht im öffentlichen und damit auch von der Presse beobachteten Teil, diskutiert - und wenn nur sehr kurz und mit mindestens einer "deutlichen" Ansage des Bürgermeisters, es möge jetzt mal Ruhe sein. Zudem werden im Gegensatz zu vielen anderen Orten im Landkreis keine Beschlussvorlagen an die Presse gegeben oder sie sind eindeutig so gekürzt, dass sie zum einzigen Rätsel mutieren - deutlich erkennbar auch an der Notiz "Presse" am oberen Rand der Vorlagen. Während die Gemeinderäte mehrere Seiten Papier vor sich haben, bekommt der Journalist vielleicht zwei, drei Zettel. Einfache Beobachtung, einfache Zeitungsnotiz: "In xy wird über Beschlüsse nicht geredet, sie werden gemacht." Ergebnis: Anruf! Das sei überhaupt nicht wahr, blaffte der Mann. Wie ich denn auf so etwas käme? Antwort: zwei Jahre Beobachtung (das sind über den Daumen gepeilt locker 20 dieser Sitzungen und maximal drei beobachtete "Diskussionen"). Das sei ja überhaupt nicht wahr, was ich denn für Sitzungen besuchen würde? Antwort: Ihre. Das möge ich doch bitte korrigieren und gegendarstellen, schreiben, dass das alles ganz anders ist und sehr demokratisch ist (von undemokratisch war im Artikel noch nicht einmal die Rede, getroffene Hunde!)! In seinem Dorf seien andere Meinungen sehr wohl geduldet und ich soll meine Meinung bitte revidieren. Ja, klar!

Ich schrieb auch eines Tages, diese Geschichte kann hier nur angerissen werden und würde eigentlich ein Buch samt Verfilmung nach sich ziehen, über einen Immobilien-Verkauf. Es war der Ausgangspunkt für eine für mich noch sehr folgenschwere Geschichte. Hier: Berichterstattung über ein Dorfgremium, das einen vom Bürgermeister avisierten Beschluss nicht mitträgt. Ergebnis: Noch vor Veröffentlichung (!) Anruf eines wohl am Deal Beteiligten. Nach Veröffentlichung: Anruf Bürgermeister. Ich solle mir bitte mal die anderen Journalistenkollegen ansehen und mir zu Herzen nehmen, wie positiv die alles begleiten würden, ich solle nicht mit Dreck werfen und mir überlegen, was mein Tun für Folgen hätte. Monate später schrieb ebendieser Mann mir in anderer Sache und zu ganz anderer Story sogar eine E-Mail in drohendem Unterton, es werde negative Folgen haben, wenn ich nicht "ausgewogen" berichte. Ja, klar!

Traurig, aber wahr: Es passiert. Immer wieder.
Die Mail ist gespeichert, die "Gegendarstellung" zur Sitzungspolitik gab es auch nicht ... ist klar!

Zusammenfassung für meinen Mann: Es ist nicht immer leicht, aber genau das ist der Reiz.

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