Jacobs Wege
Vom Leben zwischen den Zeilen
Mittwoch, 11. Juni 2025
Donnerstag, 4. März 2021
Meine Mähntorin
Lange gab es hier nichts Neues zu lesen. Genauer seit dem Februar 2020 nicht. Nun. Ist ja wohl klar. Corona!
Wir alle wissen, was sich in der Welt geändert hat seit und mit 2020. Will man da eigentlich noch eine Geschichte dazu lesen? Ist man da nicht langsam einfach nur müde?
Ich habe inzwischen an drei Adressen im Homeoffice gearbeitet - und an mehr als drei Tagen habe ich darüber nachgedacht, doch auch mal über dieses Dasein im Homeoffice zu schreiben oder meine inzwischen gut erprobten Tipps dazu weiterzugeben. Und wegen der drei Adressen hätte ich ja auch jede Menge zu erzählen.
Was mich aber heute dazu bewegt, auch hier mal wieder zu schreiben, ist eine beschissene Nachricht.
Es gibt ja noch immer diese eine Krankheit, die Corona in Beschissenheit, Unfairness und Arschigkeit in absolut nichts nachsteht. Und als ich davon erfuhr, hatte ich sofort einen Kloß im Hals.
Seltsam... Wenn man von der schweren Erkrankung eines Menschen erfährt, denkt man nie ausschließlich an diese betroffene Person und nur über sie nach, sondern das eigene Hirn verknüpft in seinem Schock alles wieder nur mit einem selbst und man denkt über sich in Verbindung zu dieser Person nach und was sie für einen bedeutet. Vielleicht aber sagt dieses Ichichich auch ganz viel über diesen Menschen.
Also...
Es ist die Frau, die mich für meine berufliche und private Laufbahn weit mehr geprägt hat als sie selbst vielleicht auch nur erahnen könnte.
Ich fing gerade als Volontärin an und das ausgerechnet im Wirtschaftsressort, in dem damals ein Boss der Boss war, der sich teils schlimmer als die Bossin in "Der Teufel trägt Prada" zu benehmen wusste. Insgesamt eine harte Schule also. Geschadet hat es mir übrigens nicht. Dafür vielleicht anderen, bei denen ich heute diese Härte gern mal anlege... Was ich aber mit meinen ersten vier Wochen journalistischer Ausbildung vor allem verbinde, ist und bleibt diese Kollegin.
Ich war damals noch keine 24 (bald werde ich 37) und hatte vergleichsweise wenig mit der Person/Persönlichkeit zu tun, die ich heute bin. Und dass ich heute so bin wie ich bin, das hat wohl auch viel mit dieser Kollegin zu tun.
Schon am zweiten Tag nahm sie mich zur Seite und referierte einfach so aus der Kalten heraus: "Mädchen, du kannst was, das sehe ich. Sei nicht so schüchtern. So bist du nicht. Lass dir nicht die Butter vom Brot nehmen, lass dich nicht unterbuttern - hier nicht und auch sonst nicht. Man wird dich natürlich für eine Zicke halten, dann weißt du, dass du es richtig machst."
Was genau das hieß und was sie damit meinte, hat sie mir in den folgenden Wochen nie erklärt, sondern einfach vorgelebt: klare Kante, Kompetenz, Pfeifen auf Klischees, Selbstbewusstsein, Durchsetzungsvermögen, Härte in der Sache, mehr Nein als Ja sagen, überhaupt den Mund aufmachen und klare Worte nutzen, sich nicht den Mund verbieten lassen, sich nicht ins Wort fallen lassen, Einstehen für die Dinge, die einem wichtig sind, anderen die Stirn bieten, nicht gefällig sein um anderen zu gefallen und viele viiiiiele Dinge mehr waren einfach ihr Naturell - Eigenschaften, die Männern auch heutzutage noch immer den positiven Macher-Stempel und Frauen den als "komplizierte Zicke" einbringen.
Unsere Wege trennten sich. Ich fasste nach dem Volontariat und einigen Umwegen in der einen Redaktion Fuß, sie wechselte in eine andere. Für mich ging es beruflich auf und ab, privat übrigens auch - manches davon hatte auch damit zu tun, dass ich mir nicht die Butter vom Brot nehmen lassen wollte, und ich bereue das in keiner Sekunde! Sogar der Betriebsrat (sie saß übrigens im Betriebsrat) musste hinzugezogen werden wegen meines Butterbrots und der Art, wie ich es verteidigte.
Und eines Tages traf ich sie zufällig auf einem Bahnsteig wieder. Sie grinste. "Du hast dir ja ein richtig fieses Zicken-Image erarbeitet die letzten Jahre", sagte sie. Schon kam ihre Bahn. Und mit einem "Määääääh, mach nur weiter so!" stieg meine Mentorin ein.
Freitag, 21. Februar 2020
Nichtsmachenkönner
Guter Bulle, böser Bulle
Eine kleine Randnotiz mal noch zum versöhnlichen Ende, weil man darüber schmunzeln kann: Als wir neulich darüber berichteten, dass eine Supermarkt-Filiale auf Entscheidung des besitzenden Unternehmens hin geschlossen wird, erreichte uns via Facebook folgende Zuschrift: "Warum schließt Ihr den Konsum???".
Was wir alles machen ... keine Bäume retten, aber Läden schließen! Irgendwie muss man die 36,5 Stunden aus dem Arbeitsvertrag ja rumkriegen.
Freitag, 13. September 2019
Menno, nix gibt es kostenlos
- Ich werde zum eine Minute Fußweg entfernten Bäcker schlendern und die freundlichen Damen bitten, mir eines der Brötchen bitte einfach so zu geben. Oder besser noch ein Croissant. Hatte ich ewig nicht. Aber nur für lau. Sonst nicht. Geh ich halt weiter zum Fleischer. Ist mir doch wurscht, wie die Bäckersfrauen Geld für ihre Miete verdienen und ihre Kinder füttern.
- Ich kenne über drei Ecken Leute, die bei Automobilherstellern am Band stehen. Ich werde fragen, ob die mir mal einfach so ein Auto (gerne auch was sportliches) mitbringen. Kann man doch mal fragen. Am besten schreibe ich jetzt gleich mal irgendeinen von denen via Facebook an, am besten noch ohne Hallo oder sonstige Aufhaltereien, direkt raus mit meiner Frage: "Bringste mir einen Porsche, direkt vor die Tür?!"
- Was sitze ich eigentlich an einem Freitagabend am Rechner? Ich geh runter in die Bar nebenan und trinke mir ordentlich einen an, die Laune dazu hätte ich. Ich bin mir sicher, dass der Barkeeper mir die Drinks für umme gibt sobald ich beim Blick auf die Preise "Or menno, das kostet ja alles Geld" sage.
Freitag, 22. Februar 2019
Ich mache bald Urlaub in den Misanthropen
Meistens ist es mein Job, der mich zu dieser Erkenntnis des Menschenhassens zwingt und mich das Negativ-Mantra irgendwas zwischen entnervt und echt angepisst ausspucken lässt.
Warum ich Menschen hasse? Wegen Vorfälle wie dieser:
Redaktion 8.30 Uhr. Ich bin gerade angekommen. Zuvor habe ich mittels Diensthandy schon zwei unfreundliche Mails aus dem allgemeinen Postfach der Redaktion weitergeleitet oder beantwortet und unzählig viel Spam gelöscht. Da wir kein richtiges Sekretariat mehr haben, macht man das jetzt eben als Redakteur so nebenbei auch mal noch mit. Einer der Schreiber beschwerte sich - mit ein, zwei Beleidigungen an uns Journalisten im Allgemeinen versehen - darüber, dass ein von ihm verschickter Leserbrief nach zehn Tagen noch immer nicht erschienen sei. Der andere Schreiber empfiehlt ein Video, das uns über die Verfehlungen der Bundeskanzlerin aufklären soll und mich unweigerlich an Hitlerbärte denken lässt.
Auf dem Display meines Diensttelefons ist ein verpasster Anruf angezeigt. Gestern um 22.16 Uhr sowie heute um 7.12 Uhr und 7.55 Uhr hat jemand versucht, mich zu erreichen. Ich rufe – es ist 8.32 Uhr – zurück. Es meldet sich eine Frauenstimme. Ich stelle mich vor und verweise auf den verpassten Anruf. Sie motzt mich umgehend an, warum ich denn bitte jetzt erst anrufen würde. Ich sage, dass ich den Anruf jetzt erst gesehen und umgehend angerufen habe. Still in mich hinein frage ich mich, warum ich in so eine Rechtfertigungshaltung kippe nur weil ihr Tonfall beschissen ist. Laut frage ich, worum es denn geht.
Sie wolle eine Anzeige schalten, sagt die Frau. Ich sage, dass ich Redakteurin bin und nicht für die Anzeigen zuständig. Das ist die Wahrheit. Die findet die Frau offenkundig nicht okay. Sie verweist darauf, dass im Impressum mein Name und meine Telefonnummer in Zuständigkeit für die Stadt stehen würden. Ich verweise darauf, dass dazu auch steht, dass ich in der Redaktion sitze und darüber in der Liste die Anzeigenabteilung ebenfalls mit Namen und Nummern aufgeführt ist. Murrend akzeptiert die Frau, dass ich ihr nicht helfen kann, betont aber, dass es ja wohl eher ums „nicht helfen wollen“ gehe.
Ich verweise auf die Anzeigenabteilung und nenne die Telefonnummer der Kollegin. Zugleich weise ich darauf hin, dass die erst ab 9 Uhr erreichbar ist. Das sei eine Frechheit, dass bei uns keiner zu ordentlichen Zeiten arbeite, sagt die Frau und will das mit der Anzeige lieber sein lassen. Ich gebe es auf.
In der Zeit, die ich mit diesem Telefonat verschwendet habe, hat jemand anderes es versucht. Auch diese Nummer rufe ich zurück. Am Apparat die Männerstimme eines akustisch wahrnehmbar älteren Mitmenschen. Als er erkennt, dass jetzt irgendwer von der Zeitung angerufen hat, legt er munter gleich mal los. „Bei euch geht keiner ran! Keinen erreicht man bei euch!“ Was er denn wolle, frage ich ihn. Er hat seine Zeitung nicht im Briefkasten. Wieder – ist ja wirklich schwer zu verdauen – muss ich drauf verweisen, dass ich nur Redakteurin bin und leider über die Abo- und Zustelldaten nicht verfüge und auch keine Kenntnis über mögliche Probleme bei der Zustellung habe, weshalb ich an die zuständige Nummer verweisen muss. Das genügt dem Mann scheinbar nicht. Jedenfalls putzt er mich weiter herunter, dass es ein Saftladen sei und er sich beim Chef über mich beschweren wird, dass ich ihm nicht helfen wolle und dass er dort erzählen werde, dass ich nicht an mein Telefon gehen würde. Es sei ja wohl wahrnehmbar besetzt gewesen und ich hätte ja umgehend zurückgerufen, versuche ich den Mann zu beschwichtigen. Er legt auf. Ich frage mich, warum nicht eigentlich ich schon viel früher aufgelegt habe.
Ergo: Ich hasse Menschen!
Mir ist ja durchaus bewusst, dass ich – davon gehe ich zumindest aus – noch auf einem sehr hohen Niveau jammere. Menschen, die beruflich zum Beispiel im medizinischen Sektor oder in einer Behörde mit Menschen zu tun haben, haben es vielleicht noch schlechter als ich.
Aber das Ding hier ist nun mal ziemlich subjektiv und da werde ich mich doch nochmal auskotzen dürfen, sobald mir irgendwas in die Nase fährt…also bitte…
Ich wünschte, ich hätte eine Stelle, bei der ich anrufen und einfach losschimpfen könnte und wenn mir dort einer erklärt, dass er nicht zuständig ist, aber die richtige Adresse kennt, dann flippe ich so richtig aus. Am besten ich rufe irgendeine Lokalredaktion an. Oder ich schicke denen Katzenvideos. Die wollen doch eh nicht richtig arbeiten, wenn die um sieben noch nicht ans Telefon gehen und um 22 Uhr nicht mehr! Saftladen!