Samstag, 7. März 2015

Darf man das?

Es ist bekanntlich mein Job, Fragen zu stellen. Ich stelle mir durchaus auch selbst Fragen, kleinerer und größerer Natur. Ich hinterfrage mich sogar selbst, komme dabei jedoch "nur" zu dem Schluss, dass ich die Liebe meines Lebens bin - womit ich vermutlich weiter als andere Menschen bin (,die sich lieber selbst bezweifeln als selbst lieben).

Gestern aber fragte ich mich, und diese Fragen sind selten bei mir: Darf man das? Darf ich das? Ist das erlaubt? Ist das okay? 

Grund war meine Anwesenheit beim Treffen des örtlichen Rolli-Clubs. Erst diese Woche hatte ich wieder einen großen Artikel über jenen in der Zeitung, weil die bisherige Vorsitzende ihr Amt auf- und an eine neue Mitstreiterin weitergibt - ein Doppelporträt über zwei tolle Frauen, ganz nach meinem Geschmack. Ich habe schon oft über den Club geschrieben, seine bisherige Vorsitzende schon vor einiger Zeit mal porträtiert (lest hier meine Erfahrung dazu). Entstanden ist über die Jahre eine sehr freundschaftliche Zusammenarbeit, mehr Freundschaft als Arbeit. Und das habe ich schon oft erlebt. Interviewpartner werden mehr, werden mindestens sehr gute Bekannte und dann Freunde - er hier zum Beispiel. Und so sammeln sich freundschaftlich gesinnte Kontakte im Rathaus, bei Polizei und Feuerwehr, in Unternehmen, Kanzleien, weiteren Vereinen, Parteien ... Leute, die zugleich "Informant" und "Intimus" sind ...

Ist es da noch okay, auch immer wieder drüber und speziell über diese Menschen zu schreiben? Kann ich da noch objektiv berichten? Kann man denn überhaupt so richtig objektiv sein? Nein! Man kann sich dessen nur bewusst sein, dass man es eben nie zu 100 Prozent ist ...

Andererseits: Wie hoch bitte ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Rolli-Club Müll im örtlichen Fluss verklappt und ich dann "gegen" ihn recherchieren müsste?

Gefährlicher wird es bei den Partei-"Freunden", Rathaus-Freunden und Unternehmer-Spezis. Wie hält man da den Laden sauber? Ist die Grenze scharf genug gezogen, indem ich ihnen gegenüber gerne gebetsmühlenartig wiederhole: "Wenn Ihr Scheiße baut, mache ich meinen Job und keinen Unterschied!"? Klappt es dann aber im Angesicht eines dampfenden Kackhaufens mit der Objektivität?

Noch bin ich nicht in diese Verlegenheiten gekommen. Aber es wird passieren. Da bin ich mir sicher. Ich werde vorbereitet sein. Oft hilft es ja schon, sich die richtigen Fragen zu stellen ...

1 Kommentar:

André Dreilich hat gesagt…

Bei Joachim Friedrichs bin ich mal über die Aussage gestolpert: "Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache; dass er überall dabei ist, aber nirgendwo dazu gehört."
Klingt gut, ist aber kaum durchzuhalten, allenfalls für ein paar Überflieger. Zumindest macht es sehr einsam ... Realistisch erscheint mir allenfalls die Maxime, journalistisch nichts in eigener Sache zu tun. Ansonsten hab ich's in meinen aktiven Tageszeitungszeiten so gehandhabt, nicht vor dem eigenen Bau zu wildern, d.h. mein Berichterstattungsrevier habe ich bewusst so gewählt, dass es ein gutes Stück von meiner Haustür entfernt war. Dennoch entwickeln sich Beziehungsgeflechte, Abneigungen, Sympathien ... und wenn's das spendierte Bier vor/nach dem Stadtrat ist.