Freitag, 18. Oktober 2013

Gewalttätig

Zur Info - auch für meine schärfsten Kritiker - man nennt die Medien auch die vierte Gewalt. Weil wir, die Medien, das politische Geschehen beeinflussen können. Gerade das macht es so wichtig, dass es gute Journalisten gibt. Journalisten, die sich dieser Gewalt stets bewusst sind und sie - vor allem - auch einzusetzen wissen. Und bist du nicht willig, so brauch' ich Gewalt ... manchmal wollen manche von uns wirklich die Welt verbessern und verändern, Prozesse anschieben, zum Nachdenken anregen ... so die Dinge verändern, seien es auch nur Kleinigkeiten.

Aber nicht jeder Politiker - sie machen ja auch im Lokalen vornehmlich eine andere Gewalt aus - versteht es, seine Gewaltposition richtig zu nutzen und sich dessen bewusst zu sein. Das unterscheidet den guten Journalisten vom schlechten Politiker. Zu weit verbreitet ist, das kann ich nach fast drei Jahren im Lokaljournalismus mit unzähligen Ortschaftsrats-, Gemeinderats- und Stadtratssitzungen wahrlich und guten Gewissens behaupten, der schlechte Kommunal- und Lokalpolitiker. 

Ich meine damit jene Lokalpolitiker, die beispielsweise erst zu Sitzungsbeginn in ihre Unterlagen blicken und dann die Dinge einfach abnicken (müssen). Jene Politiker, die sich eine Meinung von Fraktionsvorsitzenden ungefragt vorgeben lassen und sich eine andere Meinung nicht mehr leisten wollen. Oder die Meinung von den jeweiligen Bürgermeistern. Jene Politiker, die andere weit bessere und dadurch ja nicht selten diskussions- und meinungfreudigeren Politiker mit genervten Aussagen wie "Ich will heim" im Keim ersticken wollen - und das habe ich schon oft gehört. Wenngleich ich gerne zugebe, dass auch ich manchmal "Ich will heim" denke - aber ich bin Beobachter in solchen Momenten und nicht Entscheider.

Ich meine aber auch jene Lokalpolitiker, die die vierte Gewalt verkennen. Es geht schließlich auch um das Zusammenspiel der Gewalten, nicht immer sind sie sauber zu trennen - nicht immer müssen sie das, oder? Unsere Unabhängigkeit ist uns viel wert. Aber manchmal ist die Zusammenarbeit nötig - und daran ist, so sehe ich es jedenfalls, auch nichts Schlimmes. Solange man es immer noch schafft, die Distanz und Unabhängigkeit zu wahren, sich nicht vereinnahmen lässt, sondern sachorientiert handelt.

Die wenigsten Lokalpolitiker verstehen es aber, sich einen guten Draht zur Presse aufzubauen. Sie verkennen, wie viel es wert sein kann ein guter Dealer zu sein. Haben sie Angst, man könne ihnen daraus einen Strick drehen? Nein. Es ist nicht verboten.

Viel zu viele Politiker glauben noch, es reiche auf unser Agieren zu warten. Das sind dann jene Politiker, auf die wir nur noch reagieren. Sie sagen was im Gremium und wir fragen im Anschluss mal nach. Sie überraschen uns mit Bürger-Umfragen in unserem Briefkasten und wir reagieren. Wir mögen es aber nicht, jemandem nachzurennen. Viel zu wenige Politiker im Lokalen haben auch nur im Ansatz Ahnung von Pressearbeit. Pressearbeit versteht hier nicht allein das Versenden von Pressemitteilungen. Nein. 

Es geht darum, mit der Presse zu arbeiten. Ratsamer ist es also, von sich aus auf uns zuzugehen, wenn man mal eine gute Idee hat und diese nicht im stillen Kämmerlein auf Entdeckung hoffen zu lassen - nach dem Motto "Vielleicht sehen die von der Zeitung es ja". Man kann auch mal (!) Themen setzen. Uns Ideen geben. Vor allem aber Infos, Infos, Infos. Denn davon leben wir - die anderen leben davon, Erwähnung zu finden in der Presse. Wer nicht bekannt ist, wird auch nicht (wieder) gewählt. Wessen Worte und Taten nicht mitgeteilt werden in der Öffentlichkeit der lokalen Medien, der bleibt für die Öffentlichkeit ein unbeschriebenes Blatt - inhaltslos. Aber um Inhalte geht es doch, oder?

Also sollte man den Kontakt zu uns pflegen. Denn eitel sind wir ja auch. Wir mögen es nicht immer, den Leuten nachrennen zu müssen. Dazu müssen Lokal-Politiker auf uns zugehen und auch mal aus dem Nähkästchen nicht öffentlicher Sitzungen plaudern und so die Dinge ans Licht bringen (lassen). Und auch Journalisten gehen dann auf Politiker zu und geben Hinweise zu Dingen, die der Politiker so vielleicht noch gar nicht gesehen hatte. Oder sie geben Tipps, was Politiker noch anschieben könnten. Sie, die Politiker, lassen uns die Dinge ans Licht bringen. Und wir beleuchten die Dinge für sie, zeigen sie vielleicht erst auf. Ein Licht leuchtet quasi für das andere - eine Hand wäscht die andere. Dann können sich Dinge verändern lassen, wenn es manchmal auch nur Kleinigkeiten sind.

Dies alles ist sicher nicht der Weisheit letzter Schluss. Aber ich finde es vollkommen korrekt, dass ich manchmal gewalttätig werde.

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