Montag, 10. Oktober 2016

Lügen pressen statt Manic Monday

Es ist Montag. Ich sitze satt und zufrieden an meinem Laptop. Ich habe gebackenen Kürbis gegessen, mir die dritte Tasse Tee gemacht. Ich habe einen Tisch in der Stammkneipe reserviert. Ich habe die Wäsche erledigt. Ich habe anschließend mit einem Maschinenpfleger die Türdichtung der Waschmaschine abgerieben und ein Pflegeprogramm mit Entkalker durchlaufen lassen. Ich habe eine Tüte für die Altkleidersammlung gebündelt. Ich habe darüber nachgedacht, die Fenster zu putzen. Ich habe einen wunderbaren und wahren Beitrag über Lokaljournalismus im Internet gefunden.

Für mich hat das Nachrichtenwert. Heute ist nämlich Montag. Ich bin ein faules Stück. Ich bin ein Schwänzer. Ich bin ein Lügner. Ich könnte Foodblogger werden, hier deutlich zu erkennen:


War lecker. Doch zurück zum Thema. Montags läuft das eigentlich so: Ich arbeite vormittags für die Lokalredaktion und verfasse je nach redaktioneller Planung zwischen 30 und 300 Zeilen. Ich schiebe meine Recherchen an und vereinbare Termine. Ich arbeite vor und lege schon mal einen Artikel auf Halde. Man weiß ja nie. Ich konferiere mit den Kollegen der Lokalredaktion, die inzwischen zum großen Teil drauf eingestellt sind, dass ich ab spätestens eins nicht mehr zur Verfügung stehe. Es wird zwölf. Ich esse einen Happen in der Redaktion. Ich verabschiede mich. Ich gehe zu mir nach Hause, hole das Auto aus dem Hof und fahre in die Boomtown, wo ich der Layoutgehilfe eines Anzeigenblatts bin.

Ich beschreibe das gerne so: Ich baue Fotos und Texte um Anzeigen herum, zwischen Anzeigen hindurch, unter Anzeigen hinweg, über Anzeigen drüber, links neben Anzeigen, rechts neben Anzeigen. Klingt anspruchslos? Is es aber nich! Seit drei Jahren geht das jetzt so. "Manic Monday", immer wieder. Früher bin ich erst nachmittags gegen fünf beim Layout angetreten, saß dann bis zehn dort. Inzwischen hetze ich mich lieber am Vormittag ein bisschen ab und bin dafür abends eher daheim. Außerdem tagt an einem der Montage der Rat der Gemeinde, für die ich zuständig bin - und die Sitzung beginnt immer 19.30 Uhr.

Och nö


Kurz vor zwölf erreichte mich die Nachricht der Kollegen vom Anzeigenblatt, dass meine Hilfe heute nicht nötig ist. Sofort schoss mir durch den Kopf, dass ich damit Geld verliere und ob das jetzt häufiger passieren könnte - man wird ja immer gleich so panisch wegen Medienkrise, weniger Anzeigen, weniger Blattumfang und so. Dann kam mir in den Sinn, dass ich jetzt den Kollegen in der Lokalredaktion eigentlich sagen könnte, dass ich nachmittags zur Verfügung stehe. Wenig später verdrängte ein großes "och nö" diesen netten Gedanken wieder. Ich habe noch einen Happen gegessen. Ich habe mich verabschiedet. Ich bin nach Hause gegangen. Ich habe nicht gesagt, ich würde jetzt layouten fahren. Ich habe nur "Tschüssi" gesagt. Technisch gesehen also keine Lüge. Nur so ein klitzekleines Verschweigen.

Ich habe erstmal Mittagsschlaf gemacht. Mittagsschlaf fetzt. Ich habe eine Menge verrückter Sachen mit meiner Waschmaschine angestellt - so ein Flusensieb ist recht interessant, wenn man es drei Jahre lang nicht gereinigt hat. Und vielleicht kann mir jemand Wolle spinnen aus dem, was sich darin fand. Und ich könnte an irgendeinem anderen Montag lernen, mir daraus einen Pullover zu stricken. Vielleicht auch ein Strickkleid. So eins bis runter zum Knöchel. Und mit Rollkragen.

Und ich habe mich heute wie mit 16 gefühlt. Da sollten wir zum Sportfest im Freibad acht Bahnen schwimmen. Ich habe angegeben, ich würde gerade menstruieren und könne daher nicht ins Wasser. Die Benutzung von Tampons würde ich ablehnen, fiel ich dem Lehrer noch ins Wort. Dann habe ich mich an den Beckenrand gesetzt, die Beine baumeln lassen und was gelesen. Wenn der Sportlehrer guckte, hielt ich mir den Bauch und guckte wie Alice Schwarzer. Zum Glück konnte heute keiner meiner Kollegen nach mir sehen. Ich weiß nicht, wie man Layouten vortäuscht.

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