Dienstag, 10. Juni 2014

Kaffee and the Kleinstadt

Mein Job ist ... vermutlich eine Gelegenheit für Dates am laufenden Band. Als ich vor wenigen Wochen mal wieder einer Gemeinderatssitzung folgte, ging es dort mal wieder um den tief in der finanziellen und organisatorischen Scheiße steckenden Abwasserzweckverband. Damit die Kacke ein wenig weniger dampft, hat der Verband sich vor Jahren einen technischen und kaufmännischen Betriebsführer eingekauft. Der Stab aus BWLern und Ingenieuren glättet Wogen, die Kacke dampft aber noch immer - und so geht es immer hoch her, wenn das Thema Abwasser auf der Agenda steht. 

Auch neulich wieder. Der BWLer (Typ Parfum und Nadelstreifen) und ich schauen uns dann manchmal fast mitleidig an. Überhaupt tauschen wir sehr oft Blicke aus. Tiefe Blicke. Für mich ist das wüste Gezetere kaum in der Zeitung zu verarbeiten. Für ihn ist das maulige Gerede nicht konstruktiv, da es sich auf Fehler lange vor seiner Zeit bezieht. Diesmal sagte er mir zum Abschied, übrigens für alle deutlich hörbar: "Also, wir zwei sehen uns immer nur hier und wir müssen endlich mal was Schönes zusammen machen." Dann lächelte er  mit roten Wangen und fügte an: "Ich lade Sie zu einem Kaffee ein!" Ich habe abgelehnt. Schon wegen der Nadelstreifen ...

Heute aber hat ein wahrer Charmebolzen (Typ eher mal Dreitagebart und Jeans) einfach so seine rechte Schulter an meine linke Schulter geschmiegt (ein wahrer Schulterschluss), hat mit seiner Schulter zart an meine gestupst, hat mir zugezwinkert und mich am Sonntag zu einem Kaffee eingeladen. Wir kennen uns auch schon eine Weile. Letztens hat er mir verschmitzt grinsend gesagt, dass er lieber mich als meine Kollegen anruft und Termine lieber mit mir macht, damit er mich sehen kann. Und neulich wechselte er die Straßenseite, um ein Gespräch mit mir anzufangen. Und eine Schale Kirschen hatte er heute für mich mit den Worten "Was Süßes für die Süße" bereitgestellt. 

Er ist älter, erfahren und noch einer der alten Schule. Er ist naturverbunden und angenehm herb. Erdig. Geerdet. Er kann gut zuhören. Er sprudelt über vor Ideen. Er ist interessiert, gebildet, aufrichtig. Toller Mann! Konkurrenz brauche ich nicht fürchten. Er ist Witwer. Er ist über die Mitte 70 hinaus. Er ist der Vorsitzende der örtlichen Gartensparte, die gerade im Bundeswettbewerb um Deutschlands schönsten, tollsten und allerbesten Kleingartenverein antritt - eine Bloggerkollegin nennt es The Schreber Spirit. Und bevor im Juli die Jury kommt, präsentiert er am Sonntag die Sparte mit all ihren tollen Ideen vom Senioren- über den Schul- bis zum Tafelgarten erstmal beim "Tag der offenen Gartentür", den es in meiner Stadt gibt. Zum Abschied heute drückte er mir ein Gänseblümchen in die Hand, weil ich die doch besonders mögen würde (oh ja). Ich nenne ihn manchmal säuselnd "Horschte". Kaffee? Mit so einem Mann? Ich habe sofort zugesagt!

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