Mittwoch, 26. Dezember 2012

Gedankenverlust, mit Absicht

Ein Zoo-Ausflug mit Fremdkind und Eigenkegel hat die Notwendigkeit eines Off-Topic-Posts ans Licht gebracht: Ich erinnere mich wieder ... ich hatte vor meinem besten Job der Welt auch schon den zweitbesten Job meiner Welt. Das abgebrochene Journalistikstudium habe ich mir die fast zwei Jahre des Durchhaltens nur am Rande mit Artikeln (kein Mensch kann von nebenberuflichen Zeilenhonoraren leben!) und hauptsächlich mit einem Studentenjob als Verkäuferin im Zoo finanziert. Ich war, mit einer ganzen Kollegenschar, Herrin über eine ganze Armee von Kuscheltieren. Ich durfte Wege gehen, die dem gemeinen Zoobesucher mit Verbotsschildern verborgen bleiben. Hinter den Kulissen ist ein Zoo mit seinen betonierten Wegen und Gittern, Futtereimern und Besen zwar nicht deutlich aufregender als davor ... aber ein Hauch Exklusivität brachte das Eilen in safarigrüner Uniform schon mit sich. Drei verschiedene Shops gab es damals im Zoo, in einen ließ ich mich besonders gerne einteilen ...

... in den Sommermonaten wurde ein paar Meter neben der asiatischen Elefantenanlage des Zoos aus einem Bretterverschlag verkauft, was das Herz der Touristen, Zoogänger und Tierfreunde begehrt: geschnitzte Dekodickhäuter, Elefantenfiguren aus (Speck)Stein, Tücher, Kissen, Wimpel, Windspiele, Räucherstäbchen, aus Dung hergestelltes Papier ... und möglichst überall Elefanten drauf. Hunderte Menschen walzten täglich am Stand vorbei, Tausende Euros blieben in der Kasse. Irgendwann nahte immer mit der Lautsprecherdurchsage, dass der Zoo bald schließt der Feierabend und der allerallerbeste Moment der ganzen Arbeit ... und der eigentliche Grund, den nicht sonderlich gut bezahlten Job (5,50 Euro die Stunde) überhaupt angenommen zu haben. Gute Vorbereitung ist alles: Wechselgeldkontingent schon lange vor der Durchsage wieder sauber in die Geldkassette einsortieren, Verschlag schon lange vor der Durchsage in Ordnung bringen, Besen schon lange vor der Durchsage schwingen, Tageseinnahmen schon lange vor der Durchsage kontrollieren. Mit der Durchsage, die eigentlich Startsignal für die Arbeiten sein sollte, kam die ersehnte Ruhe für den Abstecher zur Anlage. Man konnte von einer kleinen Plattform aus perfekt auf die Elefanten und nur leidlich auf den Laden schauen ... kein gern gesehenes Verhalten. Doch: Nichts auf der Welt strahlt mehr Ruhe aus als ein Elefant. Fünf unbezahlbare Minuten. Mindestens. In meinem Kopf war dann immer absolute Leere und Stille.

Ein paar Jahre später konnte ich, dem besten Job der Welt sei es gedankt, einen Artikel über einen Zirkus schreiben, der sein Winterquartier in meiner Heimatstadt aufschlug und endlich einmal einen afrikanischen Elefanten anfassen, die raue Haut berühren und unter den Fingern spüren. Der Elefant war in Ketten gelegt. Die Leere und Stille kam nicht ... mehr ...

Zusammenfassung für meinen Mann: Ein paar Stundenlöhne habe ich damals als mein bester Kunde gleich im Zoo-Shop gelassen.

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