Sonntag, 7. Oktober 2012

Kindermund

Kinder sind toll. Keine Frage. Ich habe schon wunderbare Stunden und Minuten mit meinen Neffen auf Spielplätzen verbracht, endlich einen guten Grund gehabt, um "Die Sendung mit der Maus" zu sehen oder kleine Eisenbahnschienen quer durchs Wohnzimmer zu verteilen und dann mit nasaler Stimme "Achtung an Gleis 2, ein Zug fährt durch" zu sagen, wenn die Lok den Couchtisch erreichte. Ich habe mit ihnen je nach Alter (ihrs und meins) auch schon sehr interessante Gespräche über die Geschmacksrichtungen von Kaubonbons geführt, Playmobilfiguren bewertet und mir den neuesten Klatsch aus dem Kindergarten angehört - und ich bin schon jetzt auf die ersten echten Gespräche mit meiner erst ein halbes Jahr alten Nichte gespannt. Das ist aber rein privater Natur! Kinder sind für Journalisten ansonsten keine kompetenten Gesprächspartner ... es sei denn es geht um Kaubonbons, Plastefiguren oder Kindergartenklatsch. So soll es auch sein. Wäre ja auch schlimm, wenn sie außerdem noch was zur Weltlage beizusteuern hätten. Ich müsste bitterlich weinen, würde sich je ein Kind mit mir über Bürgerkrieg, Kindersoldaten und Missbrauch unterhalten ... und solche Kinder gibt es leider.

Umso seltsamer erscheint es mir, dass unter deutlich glücklicheren Sternen geborene Kinder durch die aktive Mithilfe diverser Kollegen regelmäßig als Gesprächspartner in der Zeitung erscheinen. Die lieben Kleinen - bevorzugt sinnfrei sind sie dafür zwischen zwei und vier Jahre alt und das ist ja nun wirklich kein Alter für intellektuelle Spitzenleistungen, sondern ein Alter zum Einfachkindsein - fahren zu Tagen der offenen Tür zum Beispiel in Feuerwehrautos mit oder besuchen Tiergärten. Machen sie den Mund in der Zeitung auf, dann finden Kevin, Laura oder Marie Dinge wie das Feuerwehrauto "toll" oder das haushaltsbedingte Infragestellen des örtlichen Freibades "schade". Ich finde es eher schade, dass sie immer wieder als Gesprächspartner herhalten. Dass ein Kind Feuerwehrautos toll und Haushaltskonsolidierung nicht so toll findet, hat nun wirklich keinen Informationswert. Wäre es andersrum, könnte man erst von Informationswert sprechen! Der tendiert übrigens auch gegen Null, wenn wir bei intensiver Zeitungslektüre über ein beliebiges Dorffest Folgendes erfahren: dort "fühlte sich unter anderem die zweijährige Emma wohl". Was soll uns das eigentlich sagen? Aha, die zweijährige Emma war also auch da? Na dann! Das mit Emma wäre nur dann wichtig, wenn Emma bekanntermaßen eine Thronfolgerin wäre. Richtig wichtig wäre es nur dann, wenn Emma die leibliche Tochter vom Papst wäre! Zeitung lesen kann manchmal so ärgerlich sein! Verdammt.

Zusammenfassung für meinen Mann: Es gibt Fehler, die Kollegen von mir regelmäßig wiederholen und ich hoffentlich nie machen werde - sollte ich sie je gemacht haben, so bedauere ich das sehr und es ist mir enorm peinlich.

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