Schlimme, schlimme Worte geistern immer wieder durch meinen Kopf, seit mein Chef mich mit einem düsteren "Komme ma her!" in sein Büro rief. Er legte mir eine im weitesten Sinne unserem Verlag zugehörige und ebenfalls im Verbreitungsgebiet erscheinende Zeitung vor. Wir pflegen Austausch mit dieser Zeitung. Sie übernehmen Artikel von uns und wir von ihnen. Das ist in Ordnung so und vertraglich geregelt. Gut geklaut ist besser als schlecht ausgedacht ... das gilt auch und erst recht im Journalismus. So sind wir eben. Das wird sogar professionell betrieben, wie hier zu sehen ist. Was er mir da aber vorlegte, traf mich ziemlich schwer. Die sind einfach zu weit gegangen!
Eine Mitarbeiterin dieser Zeitung probiert sich nun in anderen Jobs als dem der Journalistin aus. Sie schildert aus der Ich-Perspektive, was sie dabei so erlebt und empfindet, stellt so all die Berufe vor. Das liest sich ganz nett und gibt dem Leser Einblicke, die er sonst nicht hat. Das ist eine wirklich gute Idee. Keine, die die Welt besser macht. Aber eine, die sie für fünf Minuten Lesevergnügen unterhaltsamer macht. Der jobbende Journalist bekommt ebenfalls Einblicke, die er sonst nicht hat. Und Demut. Das schadet nie.
Zugegeben: Solch ein Perspektivwechsel hat keinen Anspruch auf Patent und ist nicht die großgroßartigste Idee in unserer Branche, sie wurde mit Sicherheit schon oft geboren. Aber irgendeiner fängt immer an. Ich! Aus Gründen! Als meine Zeitung mich mit einem Jahr Vorlauf offiziell rausschmiss, stand ich am nächsten Tag auf und machte mir bewusst, dass ich vielleicht mal testen sollte, ob irgendwas mir so viel Spaß machen könnte wie Journalistin zu sein. Ergebnis: nö! Aber ein Jahr lang suchte ich mir jeden Monat eine neue Wirkungstätte - putzte als Tierpflegerin Affennpisse weg, pumpte Klärgruben aus, lief mir die Füße beim Kellnern wund oder bugsierte Mülltonnen, bis es nicht mehr ging - holte mir oft Muskelkater und blaue Flecken, Blasen und die Erkenntnis, dass ich harte körperliche Arbeit eben nicht gewöhnt bin. Ich stand sehr oft sehr zeitig auf, um schon kurz nach fünf Uhr morgens in irgendwelchen Fabriken zu stehen. Ich opferte freie und Urlaubstage, um genügend Zeit für die anderen Jobs zu haben. Und ich arbeitete wirklich und guckte nicht nur zu. Ich war so sehr dabei. Ich nahm kein Blatt vor den Mund, schrieb hemmungslos alles auf und machte Jokes über mich selbst. Ich guckte unzählige Male in seltsamen Posen und Outfits auf Fotos aus der Zeitung. Nach einem Jahr wollte ich Schluss machen und erntete dafür allerorten Protest, bekomme mittlerweile sogar die Jobs angeboten und Zurufe auf der Straße! Die Idee kommt also offensichtlich gut an.
Und jetzt kommt da so jemand einfach so um die Ecke und klaut die gute Idee, kupfert ab, dreist! Das verletzt den Stolz! Kränkt die Ehre! Da kocht die Wut (noch immer) und sprudelten die Flüche, dass sogar der Chef kurz rot wurde. Nur eins brachte einen Moment Besänftigung. Die Feststellung von Chef und Kollegen, dass ich auf den Fotos und als Seitenoptik einfach besser komme als die andere. Da sind wir Frauen dann ja doch alle gleich. Nur ich bin eben besser. Zumindest beim Jobben. Und Ideen haben.
Zusammenfassung für meinen Mann: Ich hasse es, wenn mir Ideen geklaut werden, ich verstehe da keinen Spaß, echt!
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