Dienstag, 15. Januar 2013

Journalisteneinweiser

Mein Lieblinsbürgermeister* hat mich auf eine Idee gebracht, die Lokaljournalisten weltweit helfen könnte. Ich hab da wie viele so einen Tinnitus. "Das schreiben Sie aber nicht!" pfeift der im Ohr. Es ist ein ebenso gern benutzter wie ungern gehörter Satz im journalistischen Alltag. Es kann recht heiter werden, diesen Satz immer wieder zu hören - noch heiterer stimmt es nur, diesen Satz zu ignorieren. Manchmal weiß man selbst nicht mehr, wann man denn nun was schreiben "darf" und wann nicht. Ein wahres Pingpong des Dürfens und Nichtdürfens garantieren bestimmte lokale Themen. 

Ein ganz großes Thema, immer wieder, in kleinen lokalen Gremien wie Orts- und Gemeinderat ist Schilf im Dorfteich. Zu viel des Guten und das häufig mit Bier getränkte Gremium ist ein wenig bis viel genervt. Das Schilf, heißt es dann, muss weg. Komplett. Schnell. Für immer. Findet auch ein Ortschaftsrat, den ich betreue. So diskutierten die Leute neulich, was denn mit dem Schilf geschehen könne - der Bürgermeister garnierte das Ganze immer mal mit "Ja, das könnten Sie ruhig mal thematisieren!" und lächelte mich an. Die Ideen wurden konkreter und nicht mehr ganz so legal**. Es hagelte "Das schreiben Sie aber nicht!" und weitere Abschweife rund ums Thema Gewässer brachten wieder "Na, das mit dem Biber könnten Sie aber mal öffentlich machen!" und dann wieder "Das schreiben Sie aber nicht!" und wieder und wieder ... bis einer im Rat sagte, dass ich das möglicherweise selbst erkennen könne und schon niemanden in die Pfanne hauen würde. Er könne doch Schiedsrichterkarten verwenden, schlug ich dem Bürgermeister also vor oder mich wie der Flight Line Marshaller (FLM) auf dem Flughafen einfach einweisen. Arme über Kreuz = nicht schreiben. Parallel zu dieser formschönen Geste kann er dann ja ungestört weiterreden. Oder eben die rote Karte aus der Gesäßtasche der Dorfbürgermeisteruniform (Jeans, Hemd, abgetretene Schuhe) ziehen. Ich bin nun sehr gespannt auf die erste Arschkarte meines Lebens. Oder die Verrenkungen des Bürgermeisters als FLM.

* Auch das gibt es.
** Da will man dann wirklich niemanden in die Pfanne hauen und schreibt nicht.

Zusammenfassung für meinen Mann: Oft macht dieser Job einfach nur gute Laune, in diversen Ortschaftsräten habe ich mittlerweile Mitspracherecht.

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