Gott! Sei meiner Seele gnädig! Es gibt schon genug Statistiken darüber, dass bestimmte Berufsgruppen einen bestimmten Hang zum Alkohol haben. Piloten. Ärzte. Lehrer. Journalisten, auch. Wir alle haben unsere Gründe. Ich mindestens einen. Immer dann, wenn ich die wöchentliche Witzig-muss-es-aber-sein-Kolumne meiner Lokalzeitung zu verfassen habe.
Ich schrieb in dieser Rubrik schon über die Hochzeit von Kate und William, bezeichnete mich selbst tapfer als Brautzilla und Dörrpflaume, sezierte einen Besuch bei Ikea und beleidigte ein ums andere Mal diverse Lokalpolitker. Das ist mitunter sehr lustig. Für uns alle. Das Traurige ist nur, dass von zehn Redakteuren praktisch nur zwei die Kolumne permanent zu füttern bereit, weitere zwei gelegentlich in Laune dazu sind. Ergo: Witzigsein auf Kommando. Immer wieder. Vortäuschen ist das. Da muss der Schreiberling schon stark enthemmt sein ...
Diese Situation trinke ich mir ganz gerne schön.
- Samstag ist Kolumnentag.
- Montag davor wird festgelegt, wer witzig zu sein hat.
- Dienstagmittag bekomme ich Panik und Selbstzweifel.
- Dienstagabend kaufe ich Alkohol.
- Dienstagspäterabend gieß ich mir ein Glas Wein/Bier/Wodka ein und fange an zu witzeln, schmeiße wenige Minuten später alles in den Müll, was ich geknopfdrucktgewitzelt habe und gehe frustriert ins Bett.
- Eine Nacht schlaf ich drüber.
- Mittwochabend trinke ich zwei Glas Wein/Bier/Wodka.
- Mittwochspäterabend fang ich von vorne an und verfasse das Textchen von Dienstag noch einmal.
- Donnerstagmorgen bin ich zufrieden, habe aber nicht selten katzenjammernden Kater.
- Freitagmorgen kopier ich den gesamten Spaß ins Layout für den nächsten Tag.
- Samstag schmunzelt vielleicht ein Leser drüber.
- Montag geht es wieder los.
UPDATE: Donnerstagmorgen. Text fertig. Er ist nicht großartig, aber solide. Zufriedenheit ist dennoch gestattet. Immerhin hat der Wein auch nach dem dritten Glas nicht wirklich geschmeckt.
Zusammenfassung für meinen Mann: Ich glaube gar nicht an Gott!
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