Traurig, aber wahr: Journalisten gehören von Natur aus nicht gerade zu der Gattung Mensch, die permanent durch große Unkompliziertheit auffällt. Wenn es Außenstehende vielleicht nicht gleich merken, so wissen wir es doch voneinander: Journalisten sind eigentlich auch nur Menschen, aber in erster Linie sind sie nach ihrer Ansicht kleine Genies und als solche immer sehr nah am Rande des Wahnsinns. Genie und Wahnsinn trennen bekanntermaßen nur wenige Atemzüge, die Fronten sind da nur erahnbar, selbst für uns selbst. Klare Linien bevorzugen wir Journalisten nur bei unseren Themenschwerpunkten. Redaktionsintern stecken wir unsere Claims ab. Und wer auf unserer Ranch auftaucht, kann sich doch mal bitte auf was gefasst machen - böses Gucken (mindestens), im schlimmsten Fall wird (mit der Zunge) scharf geschossen. Der abgesteckte Claim in Sachen Gemeinden macht im Lokaljournalismus noch guten Sinn: Jeder bekommt ein paar Dörfer zugeteilt, besucht deren Gemeinderäte und erarbeitet sich eine Reihe von Kontakten und besser noch Informanten. Gut so.
Abgesteckte Claims gibt es aber auch in Form des Gewohnheitsrechts. Wer seit Jahren ein bestimmtes Thema bearbeitet, fühlt von Natur aus auch ein Anrecht darauf. Schön und gut, aber gefährlich: Gewohnheitsrecht birgt schließlich die Gefahr der Fachidiotie. Sich seit gefühlt 30 Jahren mit Macht der Gewohnheit zum Beispiel dem örtlichen Abwasserzweckverband zu widmen, macht einen zum absoluten Spezialisten. Der aber auch ganz ratzfatz seine Ansprechpartner besser als seine Leser versteht. Dann schreibt man mit schöner Regelmäßigkeit sogar von "Nenndurchmessern" nebst DIN-Angabe. Fachbegrifflichkeiten müssen auch mal sein, ist schon okay - aber das allein kann es doch nicht sein. Ebenso beliebt im Lokalen ist der Themenschwerpunkt Polizei und Feuerwehr - weil immer für eine actiongeladene oder sonst irgendwie interessante Story gut. Aber der Fachblick verklärt den Journalistenblick - einfach mal wie ein kleines Kind "wieso, weshalb, warum?" zu fragen und mal nicht mit der Macht der Gewohnheit über solche Themen zu schreiben, wird da zum Ding der Unmöglichkeit - es ist immer ein wenig zu "1000 Mal berührt", aber nix passiert. Das wäre zu lösen, wenn mal ein anderer sich dem Themenkomplex widmet. Aber diese Abos sind nicht übertragbar! Da hilft wohl nur: Wilder Westen! Da gibt es immer eine Frau im Saloon, der Claims so ziemlich schnuppe sind und die sich nimmt, was ihr gefällt.
Zusammenfassung für meinen Mann: Nein, wir Journalisten sind nicht wirklich Genies und die im Saloon ist nicht zwangsläufig eine Schlampe.
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