Hatte ich hier noch beobachten dürfen, dass das Reden über Kinder und die Musik eine Universalsprache ist, möchte ich nun ergänzen: Journalisten sprechen erst recht eine Sprache. Nun ja. Nicht ganz. Aber wir erkennen einander.
Natürlich spielt das Thema Flüchtlinge und Integration auch in einer kleinen Stadt eine große Rolle. Nachdem also bereits am Sonntag Integrationstag angesagt war, gab es heute erstmals ein "Café International", bei dem Flüchtlinge und mögliche Paten miteinander ins Gespräch kommen sollten. Da geht man als Journalist gerne, zudem im Zuge der Chronistenpflicht hin.
Gut 35 Leute, viele noch dazu mit Kindern, waren versammelt, saßen an Tischen und tranken Kaffee, unterhielten sich im Deutsch-Englisch-Hand-und-Fuß-Mix. Als Journalist gibt es für mich da nur ein Vorgehen: beobachten und so ausloten, wo eine Geschichte lauern könnte. Ich sehe den katholischen Pfarrer im Gespräch mit vier Männern, vermutlich aus Syrien. Es folgt: anpirschen, lächeln und ein bisschen Zähne zeigen, fragen und dann einfach dazu setzen. Nur werde ich das Gefühl nicht los, dass ich selbst bereits eine Weile beobachtet werde. Kaum habe ich das Notizbuch auf dem Tisch abgelegt, fragt mein Gegenüber mit neugierigen Augen, wer ich bin. Ich sage, was ich bin. Und prompt folgt "Meeeee toooooo", er also auch. Siehe da: 25 Jahre alt. Journalist und Christ. Aus Syrien.
Wir stellen fest, dass wir beide Sprache lieben und gerne Geschichten suchen und finden. Weil man in Syrien für journalistische Arbeit fix mal in den Knast kommt, hat er angefangen, lieber Jura zu studieren. Die Arbeit als Journalist sei vielleicht doch besser, bestätigt er meinen Eindruck, dass man damit ja auch oft "Anwalt" sei. Fliehen musste er aus religiösen Gründen. Dabei gibt es für uns nur ein paar Glaubensfragen zu klären: Nikon oder Canon? Fifty-fifty. Großes oder kleines Notizbuch? Handlich muss es sein. Kugelschreiber oder Bleistift? Wenn er dir nicht zerbricht, schreibt der Bleistift in Kriegszeiten und unter deren Bedingungen zuverlässiger.
1 Kommentar:
Was für eine schöne Geschichte!
Dass du die Sprache liebst und Worte sehr gewählt, präzise, pointiert und amüsant einsetzen kannst, denke ich immer wieder beim Lesen deiner Texte!
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