Novembertag. Der Himmel ist grau. Die Felder sind weit. Mein kleines rotes Auto flitzt durch die Landschaft. Ich kann es mir leisten. Ich beiße in einen knackigen Apfel. Ich kann ihn mir leisten. Mein Job finanziert mir das. Und mein Job ist schön.
Ich muss mich beeilen. Ich muss noch zu einen Termin. Und ich muss noch ein paar Sachen schreiben. Ich muss Anfragen stellen.
Nein. Ich darf.
Ich durfte gerade eine Malerin und Grafikerin kennenlernen, die in diesem Monat Artist in Residence im Künstlerhaus in einem Dorf ist. Wir haben ein wenig geredet. Über sie und ihre Arbeit. Damit mache ich meine Arbeit und schreibe über sie und das Projekt.
Wir haben viel geredet. Über die Kunst, den inneren Drang dazu. Über die politschen Zustände in unserem Land und auf der Welt. Wir haben geredet über das Schreiben und die Sprache. Sie, geborene Russin, spricht vier Sprachen. Ich, geborene Deutsche, spreche nicht mal zwei. Sie, sagte sie, fühlt sich in keiner zu Hause und kann daher nicht schreiben im literarischen Sinne. Ich, sagte ich, wohne in meiner. Wir haben geredet und geredet.
Ich kann das. Mein Job gibt mir die Chance dazu. Ich lerne Menschen kennen. Ich erweitere meinen Horizont. Ich darf zuhören, wenn Menschen von sich erzählen und Dinge preisgeben. Ich darf lernen. Ich darf jeden Tag sehen, dass es so viele Grautöne auf unserer Erde gibt. Ich darf erfahren, wie bunt das Leben ist. Ich darf so viel. Von Berufs wegen.
Und ich bin mir dessen bewusst.
Ich fühle mich geehrt. Ich sitze in meinem Auto. Der Apfel knackt bei jedem Biss. Der Himmel ist grau. Die Landschaft ist so fahl, dass sie mit ihm verschwimmt. Die Welt ist bunt und schön. Es ist ein Augenblick. Ich werde ihn nicht bitten, zu verweilen. Er wird wieder kommen.
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