Schade eigentlich... Oft hören bei mir die Dinge auf, bevor sie richtig angefangen haben. Diesmal traf es meine Freizeitgestaltung. Ich befand mich - hervorgerufen ausgerechnet durch Sat1 - gerade auf dem Weg zum Serienjunkie. Und das will was heißen!
Immer wenn ich zum Zahlen von Rundfunkgebühren aufgefordert werde, bocke ich zunächst mit Worten "Wieso ich? Ich guck doch gar nicht!" Beim Überweisen fällt mir wieder ein, dass ich den Tatort und die Tagesschau in der Mediathek schaue, Sendungen mit Carolin Kebekus und/oder Katrin Bauerfeind dort abrufe oder auf thematische Empfehlungen meiner Freunde, die eine Sendung sahen und sie lobpreisen, ebenfalls öffentlich-rechtliche Angebote im Internet konsumiere. Immerhin ein bisschen TV schaue ich also.
Kürzlich hörte ich, dass Sat1 mit "Mila" täglich eine Serie um eine junge Journalistin (Beziehungsstatus: Single) in Berlin zeigt. Pflichtprogramm. Ich wollte was zum Lästern für diesen kleinen Blog hier, mich ereifern über die unrealistische Darstellung und mich in Rage schreiben über einen komplett sinnfreien Plot, klischeehafte Berlin- beziehungsweise Berliner-Darstellung und die falsche Interpretation des Journalismus.*
Die Serie lief (das Präteritum ist wichtig) seit 7. September. Ich stieg am 14. September via Mediatheken-Konsultation ein und holte zudem die Vorwoche nach. Als ich schon an der Stimme sofort erkannte, dass die von mir sehr geschätzte Leslie Clio die Titelmelodie trällert, wollte ich der zunächst Hergeben für eine Scheißsoap auf Sat1, wo er nur Mist gesendet wird, vorwerfen und sofort ausmachen. Aber man wird ja ruhiger im Alter. Ich gab der Romantic Comedy-Serie also eine Chance. Doch vergebens. Die Serie wurde am 18. September schon wieder wegen
schlechter Quoten abgesetzt, es wird nicht mehr gedreht, das Produzierte
bei sixx versendet. Ich finde das bedauerlich.
... zumindest ich erfreute mich zusehends an Sätzen wie "Du knuffiger, kleiner Freiberufler..." oder "Du bist stolze Besitzerin einer zauberhaften Vagina...", ja sogar Anspielungen auf "Harry&Sally" ("Ich will das, was sie hatte"). Diese Mila sitzt wie Carrie Bradshaw in ihren besten Zeiten am Laptop auf ihrem kleinen Schreibtisch und lässt uns Zuschauer mit ihrer Gedankenstimme Teil haben an der Kolumne, die eben ihr Leben ist. Übrigens auf (selbst)ironische und witzige Art und Weise, einfach gut gemachte Unterhaltung.
... zumindest ich erfreute mich zusehends an Sätzen wie "Du knuffiger, kleiner Freiberufler..." oder "Du bist stolze Besitzerin einer zauberhaften Vagina...", ja sogar Anspielungen auf "Harry&Sally" ("Ich will das, was sie hatte"). Diese Mila sitzt wie Carrie Bradshaw in ihren besten Zeiten am Laptop auf ihrem kleinen Schreibtisch und lässt uns Zuschauer mit ihrer Gedankenstimme Teil haben an der Kolumne, die eben ihr Leben ist. Übrigens auf (selbst)ironische und witzige Art und Weise, einfach gut gemachte Unterhaltung.
Die mit Anfang 30 nicht mehr ganz taufrische junge Heldin (verdammt, so ist es nun mal) Mila schlägt sich als freiberufliche Journalistin durchs Leben. Sie bekommt 18 Cent pro Zeile für App-Kritiken auf einer Online-Frauenmagazin-Plattform. Zeilensätze um die 20 Cent - da hat jemand seine Hausaufgaben gemacht, das ist realistisch! Mila sieht ziemlich normal aus, nicht wie frisch von einem Werbeplakat gesprungen. Erste Fältchen, die Haare nicht "bad hair day" und auch nicht "Drei Wetter Taft-Spot", die Figur ganz normal (mehr Hintern als Brust) und nicht Topmodel. Mila ist Single. Als ihr ihre kleine Schwester offenbart, dass sie in 287 einen Schwiegermutterliebling heiraten wird, der ungefähr so sexy ist wie Frauenzeitschriften investigativ, fragt Mila "Willst du nicht erstmal ...leben?!?!" Und nimmt sich doch vor, innerhalb dieser 287 Tage bis zur Hochzeit ihrer Schwester ebenfalls ihren "Mr. Right" zu finden - was so viel heißt wie "Mitten rein ins Leben!".
Die Suche nach Mr. Right oder etwas Vergleichbarem, das treibt unzählige Serien, Filme und Bücher an. Mila will einen Mann. Keinen Versorger, einfach nur einen Mann an ihrer Seite. Genau darum wirft man der Serie nun auf Spiegel Online unter anderem Sexismus vor - lest hier.
Herrgott, als ob es ein Verrat am Feminismus wäre, sich dem Verlieben zumindest nicht zu verschließen und Partnerschaft grundsätzlich nicht falsch zu finden ... Außerdem braucht eine Serie ja eine Handlungsmotivation ... warum nicht die, innerhalb einer bestimmten Frist so etwas wie Liebe erreichen zu wollen oder zumindest mit diversen Männern diversen Kontakt zu haben? Und verflucht noch eins, das ist unterhaltsam. Die Suche nach etwas und die Entwicklung eines Menschen ist doch mehr Serienstoff als der Alltag des Otto Normal. Sagt ja keiner, dass es der jungen Heldin bis zuletzt um "Mr. Right" oder vielleicht doch einfach nur um ihren Weg geht. Und von "Mann, Kinder, Job aufgeben" war doch auch gar nicht die Rede. Mit Sicherheit wäre es amüsant geworden - und das sollte eine Vorabendserie vor allem sein -, dem Ganzen und damit auch der Sache mit den Kerlen mehr als 10 Folgen Chance zu geben.
Was gibt es da nicht alles zu thematisieren ...
Schleimer, die sich Hoffnungen machen und ernsthaft Gespräche mit "Du hast so schöne Augen" anfangen. Hoffnungsvolle Kandidaten, die lieber wieder zur Ex kriechen - tatsächlich lässt eins ihrer Dates Mila sitzen, um Sex mit seiner Ex zu haben. Und dann noch massig Sprüche mitten aus dem Journalistinnensingleleben wie "Ich hatte noch nie eine Frau, die intelligenter ist als ich, das wird nichts mit uns", "Ich kann keine Frau haben, die so selbstständig ist" oder - immer wieder gern - "Du bist halt selbstbewusst" als sage man(n) "Du hast halt nen Buckel".
Oder die zwischen den Zeilen mitschwingende Aussicht, dass die nicht mehr ganz so junge Heldin Mila zeitweise was mit einem Kollegen - in dem Fall dem Redaktionsfotografen - anfangen könnte. So einer steht ja auch fix mal unterm Fenster und singt dir was vor. Der fällt beim Blumenpflücken in die Rosen und man muss ihn vor dem Arschtritt noch verarzten. So einer fragt, ob man mit ihm "schöne und intelligente" Kinder in die Welt setzen möchte und kann nicht lachen, wenn frau sagt, dass sie dafür ja nur die eigenen Gene und nicht seine braucht.
Oder die zwischen den Zeilen mitschwingende Aussicht, dass die nicht mehr ganz so junge Heldin Mila zeitweise was mit einem Kollegen - in dem Fall dem Redaktionsfotografen - anfangen könnte. So einer steht ja auch fix mal unterm Fenster und singt dir was vor. Der fällt beim Blumenpflücken in die Rosen und man muss ihn vor dem Arschtritt noch verarzten. So einer fragt, ob man mit ihm "schöne und intelligente" Kinder in die Welt setzen möchte und kann nicht lachen, wenn frau sagt, dass sie dafür ja nur die eigenen Gene und nicht seine braucht.
Schade eigentlich, dass Mila all das nie erleben darf ... vielleicht ist genau das Sexismus, dass sich journalistisch tätige Serienheldinnen nun nicht mal mehr selbstreflektierend und selbstironisch durchs Singleleben in all seinen Facetten toben beziehungsweise davon berichten dürfen ...
* Doch manchmal steckt doch ein wenig Wahrheit in Journalisten-Serien - siehe da.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen