Ein Abend im Frühsommer. Langsam sinkt die Sonne am Horizont tiefer und tiefer. Ein Spaziergang in sauberer Luft und der Ruhe eines Dorfes. Ich höre Vögel singen, Frösche quaken, einen Traktor in der Ferne tuckern, kaum ein Auto fährt vorbei, die Äste wippen von Zeit zu Zeit in einem lauen Lüftchen. Es könnte alles so schön sein ...
Aber ich bin gerade inmitten eines Entenmarsches. Ich bin als Journalist Teil eines Dorfrundgangs, den der Ortschaftsrat des schnuckeligen kleinen Nestes terminiert hat. In jedem Dorf gibt es das in den Sommermonaten, jede Woche lockt ein anderer Spaziergang zum Probleme wälzen und darüber schreiben. Ich finde das grundsätzlich gut. Hier auf dem Land werden Sachverhalte noch als Geschichten übern Gartenzaun geklärt statt nur am runden Tisch. Was ich nicht so gut finde: dass ich plötzlich lachen muss...
Gerade habe ich im Rahmen einer kleinen Nahtoderfahrung meinen Körper verlassen. Und ich sehe mich aus dem Blickwinkel der Frau, die gerade mit dem Gartenschlauch ihren Rasen sprengt. Eine Frau mit Notizbuch, Stift und Kamera tapst inmitten einer dörflichen Reisegruppe umher und lässt Schritt für Schritt die Flügel ein wenig mehr hängen. Es muss eine Zeitungsente sein. Wann immer jemand Dinge wie "bei Schulzens, Herbert" oder "wo Müller, Werner früher wohnte" sagt, guckt das Entchen rätselnd um sich. Es wirkt müde.
Ein Mann in Jeans, einem weißen Hemd und Krawatte führt die Reisegruppe an. Sublokal wie es hier ist, ist dem adretten Führer kein nach oben gereckter Regenschirm nötig. Schimpfender Rabe, blubbernder Truthahn, gackernde Henne, plappernde Spatzen und die kleine schweigsame Ente folgen dem Pfau auch so.
Das Schilf im Dorfteich, sagt ein Mann, sei nie und nimmer richtig gestutzt worden. Noch im Winter war es unter der Wasseroberfläche mit Spezialtechnik abgemäht worden. Und nun steht es wieder wie eine Eins. Es mag an den sommerlichen Temperaturen und bestem Nährboden liegen, legt die Zeitungsente ein Gedanken-Ei. Und schweigt. Der Mann schimpft weiter. Die Zeitungsente erkennt derweil einen Trend. Zu kurzen Hosen, einem verblichenen T-Shirt und Schlappen trägt der Mann vom Dorf Socken. Sie sind weit über den Knöchel hoch gezogen. Dunkelblau oder schwarz sind sie. Weiß nicht. Acht von zehn Teilnehmern eines Dorfspaziergangs tragen diesen Look. Der Rest trägt Sandalen. Jeder Rabe Socke weiß zu 100 Prozent, wie es besser gehen würde. Zehn von zehn Teilnehmern sind schlauer als der Rest der Welt.
Die Henne pickt. Zwischen den Steinen des Fußweges kommt ein Unkraut hervor, weiter vorn gar sehr viel davon. So, meint sie, sehe in der Stadt, dessen Ortsteil jenes Dorf ist, aber kein Fußweg aus. Die Zeitungsente weiß es besser, hält aber den Schnabel. Gegen die Ungerechtigkeit der Welt, alle fühlten sich immer ungerecht behandelt ... da ist wohl kein Kraut gewachsen. Das sieht das Zeitungsentchen nun ein. Die da oben, wir hier unten. Die da drinnen, wir hier draußen. Die Stadt, das Dorf. Muss erst was passieren, bevor was passiert? Das Leben ist nicht fair ...
Flügellahm verabschiedet sich das Entchen, es kuschelt sich ins Schilf an irgendeinem anderen See und schaut der Sonne beim Untergehen zu. Daran gibt es nix zu meckern.
* Jede Ähnlichkeit mit lebenden Personen ist rein zufällig und unbeabsichtigt. Dichtung und Wahrheit einer Nahtoderfahrung heben durch Übertreibung das Wesentliche hervor.
Aber ich bin gerade inmitten eines Entenmarsches. Ich bin als Journalist Teil eines Dorfrundgangs, den der Ortschaftsrat des schnuckeligen kleinen Nestes terminiert hat. In jedem Dorf gibt es das in den Sommermonaten, jede Woche lockt ein anderer Spaziergang zum Probleme wälzen und darüber schreiben. Ich finde das grundsätzlich gut. Hier auf dem Land werden Sachverhalte noch als Geschichten übern Gartenzaun geklärt statt nur am runden Tisch. Was ich nicht so gut finde: dass ich plötzlich lachen muss...
Gerade habe ich im Rahmen einer kleinen Nahtoderfahrung meinen Körper verlassen. Und ich sehe mich aus dem Blickwinkel der Frau, die gerade mit dem Gartenschlauch ihren Rasen sprengt. Eine Frau mit Notizbuch, Stift und Kamera tapst inmitten einer dörflichen Reisegruppe umher und lässt Schritt für Schritt die Flügel ein wenig mehr hängen. Es muss eine Zeitungsente sein. Wann immer jemand Dinge wie "bei Schulzens, Herbert" oder "wo Müller, Werner früher wohnte" sagt, guckt das Entchen rätselnd um sich. Es wirkt müde.
Ein Mann in Jeans, einem weißen Hemd und Krawatte führt die Reisegruppe an. Sublokal wie es hier ist, ist dem adretten Führer kein nach oben gereckter Regenschirm nötig. Schimpfender Rabe, blubbernder Truthahn, gackernde Henne, plappernde Spatzen und die kleine schweigsame Ente folgen dem Pfau auch so.
Das Schilf im Dorfteich, sagt ein Mann, sei nie und nimmer richtig gestutzt worden. Noch im Winter war es unter der Wasseroberfläche mit Spezialtechnik abgemäht worden. Und nun steht es wieder wie eine Eins. Es mag an den sommerlichen Temperaturen und bestem Nährboden liegen, legt die Zeitungsente ein Gedanken-Ei. Und schweigt. Der Mann schimpft weiter. Die Zeitungsente erkennt derweil einen Trend. Zu kurzen Hosen, einem verblichenen T-Shirt und Schlappen trägt der Mann vom Dorf Socken. Sie sind weit über den Knöchel hoch gezogen. Dunkelblau oder schwarz sind sie. Weiß nicht. Acht von zehn Teilnehmern eines Dorfspaziergangs tragen diesen Look. Der Rest trägt Sandalen. Jeder Rabe Socke weiß zu 100 Prozent, wie es besser gehen würde. Zehn von zehn Teilnehmern sind schlauer als der Rest der Welt.
Die Henne pickt. Zwischen den Steinen des Fußweges kommt ein Unkraut hervor, weiter vorn gar sehr viel davon. So, meint sie, sehe in der Stadt, dessen Ortsteil jenes Dorf ist, aber kein Fußweg aus. Die Zeitungsente weiß es besser, hält aber den Schnabel. Gegen die Ungerechtigkeit der Welt, alle fühlten sich immer ungerecht behandelt ... da ist wohl kein Kraut gewachsen. Das sieht das Zeitungsentchen nun ein. Die da oben, wir hier unten. Die da drinnen, wir hier draußen. Die Stadt, das Dorf. Muss erst was passieren, bevor was passiert? Das Leben ist nicht fair ...
Flügellahm verabschiedet sich das Entchen, es kuschelt sich ins Schilf an irgendeinem anderen See und schaut der Sonne beim Untergehen zu. Daran gibt es nix zu meckern.
* Jede Ähnlichkeit mit lebenden Personen ist rein zufällig und unbeabsichtigt. Dichtung und Wahrheit einer Nahtoderfahrung heben durch Übertreibung das Wesentliche hervor.
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