Ein erster echter Sommertag im Juni. Die erste Hitze flirrt noch am Abend. Die Sonne hat die Haut verfärbt. Und nass bis auf die Haut stehen wir da. Erschöpft. Glücklich. Gerade wurde hier eine Schlacht mit Gartenschlauch geführt. Es gibt nur Gewinner.
Mein kleiner Bruder nimmt meine kleine Nichte in den einen Arm, lässt seinen anderen Arm weit schweifen und sagt "Eines Tages wird das alles dir gehören." Brandenburg... ganz Brandenburg ...
Brandenburg. Es gehört meiner Nichte schon. Es gehört meinem kleinen Bruder. Es gehört unserem großen Bruder. Es gehört
seiner Frau. Es gehört den Söhnen der beiden. Es gehört mir. Das Land gehört uns allen. Einmal Paradies für jeden. Entdeckt und erobert hat es mein größter Bruder. Er hat teilen gelernt. Wir dürfen ihn im brandenburgischen Paradies besuchen, wann immer wir wollen. Ein Stück abhaben.
Wir dürfen an einem Ort sein, wo vor dem kleinen Häuschen die Salzwiese im Morgengrauen den Blick auf Rehe im Dunst gewährt ... und nachts nicht mehr zu hören ist als die Tiere, die durch den Garten schleichen ... und hinter dem Haus der Wald ins Dunkel lockt. Ein Ort, an dem man aus der Haustür tritt, um sich eine Zucchini fürs Abendessen zu pflücken und sein Kompott nascht, indem man im Kirschbaum sitzen bleibt.
Ich darf das Land haben. Zwei Wochen lang ... live und in Farbe, zwei Wochen darf ich da sein. In dem Land, in dem ich sein kann wie ich sonst nirgends sein kann - just B nenne ich das und habe ich vergangenes Jahr schon einmal versuchsweise in Worte gefasst, was Brandenburg (mir) bedeutet. Just B, just be...
Manchmal sagte ich schon, dass ich eines Tages in dieses Land auswandern werde. Bis mir ein guter Mann erst vor wenigen Tagen beigebracht hat, dass Brandenburg dann nicht mehr dieses Brandenburg für mich sein kann. Wo Alltag und damit das Grau einzieht, hört die Sonne auf, die Dinge ins Zauberlicht und alle Farben zu tauchen. Und ich bin nur noch ich und nicht die brandenburgische Version meiner selbst.
Also bleibt Brandenburg besser ein Fluchtpunkt. Mein Paradies auf Zeit. Das Land, in dem ich barfuss laufe bis ich keinen Schuh mehr (er)tragen kann. Das Land, in dem ich weiter denke und weiterdenke. Das Land, in dem ich "so sehr dabei" bin bei allem, was ich tue. Das Land, das mich berauscht ohne Rausch. Das Land, in dem sich kein einziger Gedanke im Kreis dreht. Das Land, das etwas mit mir macht und mich jedes Mal verändert. Brandenburg gehört zu mir.
Es gibt Menschen, die wollen etwas davon haben - von meinem Brandenburg. Ein älterer Kollege will zeitgleich mit mir eine Woche Urlaub in Brandenburg machen - sofort habe ich panisch reagiert, er solle den Großraum um mein Paradies meiden, die genauen Koordinaten in eine Mauer des Schweigens gehüllt. Ein jüngerer Kollege will Zeit mit mir in meinem Paradies verbringen und die Adresse haben, sich ein Stück (von mir) nehmen. Nein. Nein! Nein!!! Das ist falsch. Diesen beiden möchte ich kein Stück Brandenburg abgeben, keinen Zentimeter. Wen ich gewähren lasse, dem lasse ich persönlich die Zugbrücke runter.
Mein Paradies verrate ich nicht jedem ... ich verrate mich nicht.
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