Es ist scheinbar gelungen, rund 100 Menschen aus einem Altenheim an mir vorbei zu evakuieren. Und ich habe es nicht gemerkt, obwohl ich die ganze Zeit daneben stand. Das jedenfalls schreibt ein gemeinhin dem Boulevard zugeordnetes Medium online über einen Feuerwehreinsatz am vergangenen Freitag.
Also das B-Medium schreibt natürlich nicht, dass ich es nicht gemerkt habe. Es schreibt eigentlich auch nicht direkt von einer Evakuierung. Aber es gibt Menschen, die interpretieren das Geschriebene so. Und dann sprechen sie mich als Verfasser eines anders lautenden Artikels darauf an und interpretieren ganz recht: Ich bin angepisst, tierisch genervt und übellaunig!
Kurz zusammengefasst: Vergangenen Freitag kam es zu einem Gefahrguteinsatz der hiesigen Feuerwehr in einem Altenheim. In der hauseigenen Wäscherei des mit knapp 100 Plätze Kapazität ausgestatteten Heims war ein Behälter mit einer Chemikalie umgekippt. Der Hausmeister wurde sicherheitshalber ins Krankenhaus gebracht. Zunächst wurde Peressigsäure vermutet, es stellte sich - so jedenfalls die Info nach Anfrage vor Ort - als Wasserstoffperoxid heraus. Ein paar Räume im direkten Umfeld der Wäscherei wurden vorsorglich geräumt, Feuerwehrkameraden in Schutzanzügen beseitigten die Chemie, die Bewohner konnten im Heim bleiben. So weit, so unspektakulär ... eigentlich. Ich verfasste einen etwas mehr Worte brauchenden Artikel dazu, der am Samstag veröffentlicht wurde.
Ich schrieb unter anderem auch, dass während des mehrstündigen Einsatzes mehrfach Leute unverdrossen mitten durch die Einsatzstelle liefen. Unter anderem auch Anwohner der Heims, die auf einen Rollator angewiesen sind und mit Verweis auf ihre schwachen Beine angaben, sie wollen nach Hause - weshalb Polizei und Feuerwehr sie gewähren ließen. Das sah dann ungefähr so aus:
Ein ähnliches Bild gelang einem Fotografen, der sein Bildmaterial ans B-Medium vermittelte, wo die Kollegen - auch ich kann da jetzt freilich nur interpretieren - ihrerseits interpretierten, Bewohner hätten das Heim verlassen müssen:
Bildausschnitt / Quelle: Foto TNN für bild.de |
Tatsächlich handelt es sich hier ebenfalls um eine ältere Frau, die vom Einkauf kam und in ihre Wohnung nahe des Seniorenheims wollte, dafür aber einen Umweg um das Einsatzgeschehen herum nicht in Kauf nehmen wollte. Wo auf meinem Bild der Feuerwehrmann den Rollator über den Schlauch bugsierte, hilft hier ein Polizist.
Zunächst wies mich eine freundliche Sekretärin darauf hin, dass ich wohl was nicht richtig gemacht haben müsse, wenn die andere Zeitung davon schreibt, dass Senioren das Heim verlassen mussten. Ihr war jedoch schnell klar, dass ich das hätte bemerken müssen, wenn ich a) zwei Stunden den Einsatz vor Ort beobachte und b) anschließend mit dem Einsatzleiter spreche.
Als heute jedoch jener Dauer-Beschwerer in der Redaktion auftauchte, der als notorischer Gaffer zu jedem Fitzel etwas aus seiner Sicht Schlaues zu sagen hat, musste ich etwas unfreundlicher werden. Denn auch er meinte, mein Bericht sei falsch und "Lügenpresse", da eben darin von Evakuierung keine Rede sei - und das während das doch eindeutig bei den Kollegen vom anderen Medium stehe.
"Ich war am Freitag vor Ort, über Stunden. Ich glaube nicht, dass es den Kameraden von der Feuerwehr gelungen ist, aus Spaß an der Freude mehrere Dutzend Menschen klammheimlich an mir vorbei zu evakuieren. Das hätte ich sehr wohl gesehen. Was ich nicht gesehen habe, war ein Kollege von der anderen Zeitung. Gesehen habe ich nur einen anderen Fotografen, dessen Bilder wohl weder Sie noch die Kollegen der anderen Zeitung richtig verstanden haben wollen!" Weil er dann nicht so richtig ruhig und vor allem weg sein wollte, ging der Disput zum Thema "Lügenpresse" noch ein wenig weiter ...
Wenn man interpretiert, was ich noch so gesagt habe, lautet die morgige Schlagzeile: "Jacobs Krönung explodiert" ...
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