25 Jahre ist es heute her, dass die Montagsdemos den Stein der Wiedervereinigung endgültig ins Rollen brachten. Ich betone: endgültig. Denn zuvor hatten es - unter anderem!!! - schon jene getan, die die DDR verließen, die Flucht wagten und/oder in der Prager Botschaft Genschers berühmten Halbsatz hörten. Aber auch jene, die in diesem Land blieben und es verändern wollten, auf die Straße gingen. Unvergessene und unvergessliche Momente der Geschichte. Noch dazu gut dokumentiert durch Medien und ihre Chronistenpflicht. Journalisten waren dabei als Weltgeschichte geschrieben wurde und haben es aufgeschrieben, gefilmt, aufgezeichnet ... wer mag, der kann sich heute im Internet einen Gänsehautmoment nach dem anderen ersurfen ...
Als die Mauer fiel, war ich fünf Jahre alt. Ich kann mich an diese Zeit gut erinnern ... Die Stimmung daheim war angespannt ... Niemand konnte bis zum 9. November wirklich wissen, dass dies die Friedliche Revolution wird und das alles gut ausgeht. Vielleicht waren meine Eltern, meine Mutter war gerade mit meinem kleinen und dritten Bruder schwanger, deshalb manchmal so nervös in diesen Tagen. Und der Fernseher ständig auf Empfang? Das gab es bei uns zu Hause im Gegensatz zu vielen anderen Familien nicht. Ich kann mich nur an zwei Ereignisse erinnern, an denen das anders war. Den 11. September 2001. Und den Herbst 1989. Einen Herbst, in dem ich mich als kleines Mädchen vor allem darauf freute, bald zur Schule gehen und lesen, schreiben, rechnen lernen zu können. Das um mich herum gerade Geschichte geschrieben wurde, konnte ich ja nicht wissen ...
25 Jahre später weiß ich: Auch Leute wie ich es heute bin, haben dazu beigetragen, dass die Mauer fiel. Weil wir Journalisten dabei waren und diese Weltgeschichte dokumentiert haben. Und wir Journalisten haben die Entwicklung noch vorangetrieben, waren daran mehr oder weniger aktiv selbst beteiligt. Allen voran Riccardo Ehrman. Ein Name, den man kennen sollte. Ehrman ist Journalist. Der Italiener im Dienste einer Presseagentur war es, der vor 25 Jahren Günter Schabowski zu der Aussage gebracht hat, die DDR-Bürger könnten sofort
ausreisen. Es war eigentlich eine ganz normale DDR-Pressekonferenz, die so fast eine Stunde dahin plätscherte. Floskeln. Erst wollte er nicht, dann ließ Schabowski doch Fragen zur Flüchtlingswelle zu. Ehrman fragte konkreter nach dem Reisegesetz: "War der Reisegesetzentwurf vor ein paar Tagen nicht ein Fehler?" Die anderen Journalisten hakten nach, stellten mehr und mehr Fragen. Schabowski zog dann seinen Zettel - zum Glück ohne Sperrfristvermerk darüber, dass diese neue Regelung erst noch beschlossen und einen Tag später verkündet werden sollte. Und auf diesem Zettel stand, Privatreisen ins Ausland könnten beantragt werden. Die
Genehmigungen würden "kurzfristig erteilt". Man könne über alle
Grenzübergangsstellen ausreisen. Ehrmann stellte noch als erster der Anwesenden nur eine Frage. Und es war eine gute Frage! Er fragte einfach, ab wann das gelte? Und Schabowski stammelte: "Nach meiner Kenntnis [...] sofort,
unverzüglich." Der Rest ist bekannt: Tausende fuhren an die Grenze und machten von diesem Recht Gebrauch - die Mauer fiel ...
Ehrmann übrigens erklärte später in so manchem Interview zu seiner Rolle als großer Geschichtsschreiber schlicht: "Ich habe nur meine Arbeit gemacht." Eine gute Arbeit! Manchmal kann ein guter Journalist eben die Welt verändern oder zumindest dazu beitragen, dass sich selbst Dinge, die lange als so unumstößlich wie eine Mauer galten, ändern:
Und Schabowski - übrigens wohl selbst mal studierter Journalist - hat eigentlich auch nur seinen Job gemacht, nicht gut für das Regime, aber gut für uns alle:
Wie der Tag für Ehrman lief, lest Ihr unter anderem auch hier: Die Frage der Fragen. Und mancher glaubt, das alles war geplant: Ehrman, Schabowski und die Folgen.
Und weil es so schön ist, der schönste Halbsatz 1989:
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